„Die Geister von Sedan und 1940 schreien eine Lehre heraus, die Europa nicht hören will: Die Verleugnung der Realität besiegelt stets unsere Todesurteile. Im Angesicht Moskaus schlafwandeln wir auf den Abgrund zu. Nach General Thierry Burkhard hat General Fabien Mandon gewagt, die Alarmglocken zu läuten und dieses selbstmörderische Schweigen zu brechen, indem er das Ultimatum unseres Überlebens stellte: sich moralisch aufzurüsten, notfalls auch, indem man ‚akzeptiert, unsere Kinder zu verlieren‘.
Gegen diese soldatische Klarheit formiert sich eine Koalition der Schande: politische Zweit-besetzungen auf der Jagd nach Aufmerksamkeit und nützliche Idioten des Kremls, vereint in einem unanständigen Konzert. Diese Totengräber entwaffnen den Geist und verraten die Zukunft. Die Alternative ist brutal: der Bedrohung ins Auge sehen oder untergehen, ertränkt im Blut unserer eigenen Feigheit.
Eine strategische Analyse der Zyklen europäischer Blindheit (1806-2025)
Inhaltsverzeichnis
Von Joël-François Dumont — Paris, 24. November 2025
Einleitung: Die Wahrheit als Waffe der Abschreckung
Die Analyse historischer Zyklen, von der Demütigung bei Auerstedt bis zum Debakel von 1940, offenbart ein ehernes Gesetz: Die Weigerung, auf die Wächter (Stoffel, Pellé, de Gaulle) zu hören, führt unausweichlich in die Katastrophe.
Heute ist die Warnung von General Mandon über die Notwendigkeit einer moralischen Aufrüstung weder eine Provokation noch ein Einzelfall, sondern deckt sich strikt mit den Analysen seiner europäischen Amtskollegen, vom schwedischen General Micael Bydén bis zu den Chefs der baltischen und deutschen Nachrichtendienste. In den meisten europäischen Ländern haben die höchsten Verteidigungsbeamten sehr ähnliche Äußerungen getätigt und zu einer mentalen Vorbereitung auf die drohende Gefahr aufgerufen. Diese strategische Klarheit schockierte letztlich nur jene pro-russischen oder gefälligen Stimmen, die man an den Rändern des europäischen politischen Spektrums findet und die den Komfort der Verleugnung der Härte des Überlebens vorziehen.
Der Fortbestand von Nationen beruht nicht allein auf der Festigkeit ihrer Mauern oder der Raffinesse ihrer Arsenale, sondern grundlegender auf ihrer kollektiven Fähigkeit, der Realität ins Auge zu sehen. Die Militär- und Politikgeschichte Europas, vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zu den verschärften geopolitischen Spannungen des Jahres 2025, bietet ein tragisches Studienfeld über die exorbitanten Kosten der Verleugnung.
Die gestellte Frage — „Muss man die Wahrheit sagen, auch wenn sie missfällt, oder soll man weiterhin das sagen, was manche nur hören wollen?“ — ist keine abstrakte philosophische Überlegung. Sie bildet den gordischen Knoten des staatlichen Überlebens.
In regelmäßigen Abständen sehen sich westliche Demokratien mit revisionistischen oder imperialen Mächten konfrontiert, die ihre Absichten klar ankündigen. Jedes Mal setzt eine tödliche Dialektik ein zwischen einerseits den Wächtern — Geheimdienstoffizieren, Militärattachés, Generalstabschefs —, welche die schwachen und starken Signale der Bedrohung entschlüsseln, und andererseits einem politischen Apparat und einer öffentlichen Meinung, die den Komfort der Illusion der Härte der Realität vorziehen.

Unser Ziel ist es, diese wiederkehrende Pathologie anhand von vier historischen Wendepunkten zu untersuchen: die preußische Demütigung von 1806, die bis zur Revanche von 1870 keimte, die doktrinäre Blindheit vor 1914, die „seltsame Niederlage“ von 1940, vorbereitet durch ein Jahrzehnt des Verzichts, und schließlich die kritische Situation von 2024-2025 angesichts der russischen Bedrohung.
Indem wir die Mechanismen der Wahrheitsverweigerung analysieren, von den ignorierten Warnungen des Oberst Stoffel und Oberst de Gaulle bis zu den heutigen Alarmrufen von General Fabien Mandon, versuchen wir zu verstehen, ob die zu selten angeprangerte „Dummheit, Feigheit oder der Verrat“ historische Schicksalsschläge oder vermeidbare moralische Bankrotterklärungen sind. Die Erwähnung von General François Mermet und dem Schwur von Bon-Encontre wird als roter Faden dienen, um zu zeigen, dass es selbst im Herzen des Debakels einen Weg der Resilienz gibt, der auf der brutalen Akzeptanz der Realität basiert.
I: Die Matrix des Hasses – Von der Katastrophe bei Auerstedt bis zur Revanche von Sedan (1806-1870)
1.1 Die Genese des Ressentiments: 1806 und die Demütigung Preußens
Um die Dynamik zu begreifen, die Europa anderthalb Jahrhunderte lang zermalmte, ist es zwingend notwendig, zur Quelle des deutschen Traumas zurückzukehren. Die Schlacht bei Austerlitz 1805 hatte das napoleonische Genie bestätigt, doch es war der Feldzug von 1806, der das Schicksal der deutsch-französischen Beziehungen besiegelte. Napoleon begnügte sich in seinem hegemonialen Bestreben, die Karte des Kontinents neu zu zeichnen, nicht damit, Preußen militärisch zu besiegen; er versuchte, es politisch und moralisch zu vernichten.
Die Doppelschlacht von Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 war ein seismisches Ereignis. Während Jena im französischen Gedächtnis blieb, war die preußische Demütigung bei Auerstedt am vollkommensten. Dort schlug Marschall Davout mit einem einzigen Armeekorps (dem III.) die preußische Hauptarmee unter dem Herzog von Braunschweig in die Flucht, obwohl diese zahlenmäßig weit überlegen war. Dieser Sieg, auf französischer Seite als taktisches Wunder wahrgenommen, wurde auf preußischer Seite als Beweis der Degeneration erlebt.[01]
Die Nachkriegszeit wurde mit einer diplomatischen Brutalität gehandhabt, die den deutschen Nationalismus für die kommenden Jahrzehnte nähren sollte. Napoleon zerstückelte die deutschen Gebiete, um Klientelstaaten zu schaffen, insbesondere das Königreich Bayern und den Rheinbund, und degradierte Preußen zu einer Macht zweiten Ranges.[01] Der aufgezwungene Friedensvertrag war drakonisch; er amputierte Preußen riesige Gebiete, zwang ihm eine demütigende militärische Besatzung sowie erdrückende Kriegsentschädigungen auf.
In diesem Schmelztiegel der absoluten Niederlage wurde der Wunsch nach Rache geboren. Die preußischen Reformer wie Scharnhorst, Gneisenau und Clausewitz analysierten die Niederlage nicht als Unfall, sondern als Ergebnis eines systemischen Versagens gegenüber der französischen „Nation in Waffen“. Sie schworen, eine Armee und einen Staat aufzubauen, die fähig wären, Schlag um Schlag zurückzugeben. Wie Historiker anmerken, kristallisierte sich das deutsche Nationalgefühl um diesen Hass auf den französischen Besatzer und die brennende Erinnerung an Auerstedt.[01]
1.2 Die Mechanik der Revanche: Die Bismarck’sche Strategie
Sechzig Jahre später hatte dieses Ressentiment nichts von seiner Virulenz verloren; im Gegenteil, es hatte sich institutionalisiert. Otto von Bismarck, der „Eiserne Kanzler“, verstand es, diese historische Energie zu kanalisieren, um die deutsche Einheit zu verwirklichen. Sein Satz, ausgesprochen am Abend der Schlacht von Sedan, hallt wie ein historisches Urteil nach: „Sedan geschah, weil Auerstedt geschah.“[02]
Diese zyklische Geschichtsauffassung sollte hier nicht enden. Dieser Satz würde das deutsche Gedächtnis weit über das 19. Jahrhundert hinaus verfolgen: 1940 bestand Adolf Hitler darauf, spezifisch über Sedan zu reisen, um ebenjenen Satz zu wiederholen und so die Nazi-Invasion in die direkte Kontinuität dieser historischen Blutrache einzuschreiben.[02]
Die preußische Strategie beruhte auf einer minutiösen Vorbereitung, die Lehren aus vergangenen Fehlern zog. Die preußische Armee von 1870 hatte nichts mehr mit der von 1806 gemein: Sie war zu einer industriellen Maschine geworden, gestützt auf ein dichtes Eisenbahnnetz für die Mobilmachung und ausgestattet mit moderner Artillerie (Krupp-Kanonen). Angesichts dieses Machtaufstiegs verschloss sich das kaiserliche Frankreich in einer schuldhaften Lethargie, überzeugt von seiner natürlichen Überlegenheit, dem Erbe der Grande Armée.
1.3 Die ignorierten Kassandras des Zweiten Kaiserreichs: Der Fall Oberst Stoffel
Der Zusammenbruch von 1870 ist umso tragischer, als er mit mathematischer Genauigkeit vorhergesagt worden war. Die Militärarchive sind voll von Berichten, die, wären sie gelesen und verstanden worden, den Lauf der Geschichte hätten ändern können.

Die zentrale Figur dieser unglücklichen Hellsichtigkeit ist Baron Eugène Stoffel, Oberstleutnant und Militärattaché in Berlin von 1866 bis 1870.
Stoffel war kein einfacher Beobachter; er war ein hochkarätiger Analyst, der verstand, dass der moderne Krieg nicht nur durch den Mut der Soldaten entschieden wird, sondern durch Orga-nisation, Logistik und Technologie. Seine Berichte an das Kriegsministerium und an Kaiser Napoleon III. stellen ein Musterbeispiel militärischer Aufklärung dar.[03]
Eugène Stoffel (1821–1907), Ordonnanzoffizier Napoleons III., Botschaftsattaché in Berlin vor Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich stand er dem Kaiser während der Niederlage von Sedan zur Seite und war dann während der Belagerung von Paris 1870 für die schwere Artillerie verantwortlich.
| Warnbereich | Inhalt des Berichts Stoffel (1866-1870) | Französische Reaktion / Konsequenz |
| Mobilisierungskapazität | Preußen kann dank seiner territorialen Organisation und Eisenbahnen schnell mobilisieren. Es kann 600.000 ausgebildete Männer ins Feld führen. | Unglaube. Marschall Le Bœuf behauptet: „Wir sind bereit, es fehlt nicht ein Gamaschenknopf.“ |
| Artillerie | Erdrückende Überlegenheit der preußischen Kanonen (Stahl, Hinterlader) gegenüber den französischen Bronze-Geschützen. | Verachtung für die preußische Technologie („Stahl bricht“). |
| Geisteshaltung | Preußen ist eine Nation, geeint durch den Wunsch nach Krieg und den Hass auf Frankreich. Es „beabsichtigt schlichtweg, in unser Territorium einzufallen“. | Stoffel wird als „Unglücksrabe“ und „Preußenfreund“ bezeichnet. Man glaubt lieber an den Frieden. |
| Führung | Der preußische Generalstab ist eine intellektuelle Elite, ausgebildet für den Bewegungskrieg. | Blindes Vertrauen in das „französische Genie“ und die Improvisation (das „System D“). |
Stoffels Warnungen prallten gegen eine Mauer aus Selbstgefälligkeit und kurzfristigem politischem Kalkül. Der Gesetzgebende Körper, bedacht auf Haushaltseinsparungen und soziale Beruhigung, weigerte sich, die notwendigen Reformen (wie eine ausgeweitete Wehrpflicht) in Betracht zu ziehen. General Palikao, Kriegsminister, notierte am Rand von Stoffels Berichten seine Ablehnung und zog seine eigenen Illusionen der Realität vor Ort vor.[03]
Das Ergebnis dieser Taubheit war katastrophal. Als der Krieg ausbrach, wurde Frankreich von der Anzahl und der Feuerkraft überrollt, genau wie Stoffel es vorhergesagt hatte. Die Kapitulation von Sedan war kein Unfall, sondern die logische Schlussfolgerung jahrelanger Verleugnung.
II: Die große Illusion und die strategische Überraschung von 1914
2.1 Das Vergessen der Lektionen und das Dogma der Offensive
Nach 1870 baute sich Frankreich um die Idee der „Revanche“ neu auf. Paradoxerweise garantierte diese Obsession keine bessere Klarheit. Im Vorfeld von 1914 entwickelte der französische Generalstab unter der Leitung von General Joffre eine neue Form der Blindheit: den Kult der bedingungslosen Offensive. Überzeugt davon, dass der Wille („der Mumm“) die Feuerkraft überwinden könnte, vernachlässigten die militärischen Führer die defensiven und logistischen Aspekte des modernen Krieges.
Gleichzeitig wurde ein schwerer Einschätzungsfehler bezüglich der deutschen Strategie begangen. Der Schlieffen-Plan, entworfen, um die Festungen im Osten durch eine massive Invasion über das neutrale Belgien zu umgehen, beruhte auf dem Einsatz von Reservisten in der ersten Linie, um die Front zu verbreitern. Der französische Generalstab hielt dieses Manöver mangels ausreichender Truppenstärke für „unmöglich“ und weigerte sich zu glauben, dass Deutschland es wagen würde, seine aktiven Truppen gleich zu Beginn der Operationen mit Reservisten zu verdünnen.
2.2 Der prophetische Bericht von Oberst Pellé (1913)
Doch wieder einmal lag die Wahrheit auf dem Schreibtisch der Entscheidungsträger. Oberst Pellé, Militärattaché in Berlin im Jahr 1913, war Stoffel in der undankbaren Rolle der Kassandra gefolgt. Seine Analysen, bestätigt durch andere Nachrichtenquellen, boten eine präzise Radiographie der deutschen Absichten.[04]


In einem Bericht aus dem Jahr 1913 detaillierte Pellé die deutschen Vorbereitungen an der belgischen Grenze. Er meldete den Bau von Militärlagern (wie dem in Elsenborn), überdimensionierten Entlade-rampen an Bahnhöfen und Gleisanlagen, die sich nur durch den Willen erklären ließen, beträchtliche Truppenmassen nach Westen, durch Belgien hindurch, zu projizieren.[04] Noch gravierender war seine Warnung vor der organischen Integration der deutschen Reserven: Deutschland würde keinen operativen Unterschied zwischen seinen aktiven Armeekorps und seinen Reservekorps machen und so seine anfängliche Schlagkraft augenblicklich verdoppeln.[04]
Pellé beschrieb auch den psychologischen Zustand Deutschlands, einer Nation, die von ihrer Einkreisung überzeugt und zu einem gewaltsamen Präventivkrieg bereit war. Er notierte die Verachtung der deutschen Offiziere für die französische Armee, die als undiszipliniert und durch die Politik zersetzt galt.[04]
Diese Berichte wurden von General Joffre und dem Deuxième Bureau (Militärgeheimdienst) gelesen, aber ihre Schlussfolgerungen wurden verworfen, da sie nicht in den Plan XVII passten, der einen Frontalangriff in Lothringen vorsah. Die Richtigkeit von Pellés Berichten zuzugeben, hätte bedeutet, die gesamte französische Strategie zu überdenken und die geplante Offensive auszudünnen, um die belgische Grenze zu schützen. Man zog es vor, den Alarm zu ignorieren.
Die Konsequenz war die strategische Überraschung vom August 1914. Die deutschen Armeen fluteten mit ungeahntem Ausmaß durch Belgien und verfehlten Paris nur knapp. Es bedurfte der Hekatombe der Grenzschlachten und des Wunders an der Marne, um die totale Niederlage abzuwenden. Wieder einmal wurde der Preis der Verleugnung in Hunderttausenden von Menschenleben gezählt.
III: Die seltsame Niederlage, der ignorierte Prophet und das Aufbäumen der Ehre (1930-1940)
3.1 Das Jahrzehnt der freiwilligen Blindheit
Die 1930er Jahre waren das goldene Zeitalter der Verleugnung. Während Hitler Deutschland in rasendem Tempo wieder aufrüstete, versteckte sich Frankreich hinter der Maginot-Linie und einem Pazifismus, der aus Erschöpfung geboren war.
Die Zwischenkriegszeit stellt zweifellos den Gipfel der strategischen Aberration dar. Nie waren die Absichten eines Gegners so klar dargelegt worden wie in Mein Kampf, und nie hatten Demokratien so viel Aufwand betrieben, um sie nicht zu sehen.
Ab 1933 lieferten die französischen Nachrichtendienste (SR und Deuxième Bureau) sowie Militärattachés wie General Renondeau in Berlin einen kontinuierlichen Informationsfluss über die heimliche und dann offene Aufrüstung Nazi-Deutschlands. Sie dokumentierten die Schaffung der Panzerdivisionen, die Wiedergeburt der Luftwaffe und die Remilitarisierung des Rheinlandes 1936.
Die politische Macht jedoch, traumatisiert vom Aderlass von 1914-18 und gelähmt durch eine pazifistische öffentliche Meinung, wählte den Weg der Beschwichtigung (Appeasement). 1939 verfasste Senator Marcel Pellenc einen vernichtenden Bericht über den Zustand der französischen Luftfahrt gegenüber der Luftwaffe, der das kritische industrielle und technologische Defizit unterstrich.[05] Dieser Bericht wurde, statt einen heilsamen Ruck auszulösen, begraben. Die Parole lautete, „Billancourt nicht zur Verzweiflung zu bringen“ (die Arbeiter nicht zu entmutigen) und die Bevölkerung nicht in Panik zu versetzen. Man zog es vor, über die Flugzeugproduktionszahlen zu lügen, statt die Verwundbarkeit des Landes einzugestehen.
3.2 Die Einsamkeit des Oberst de Gaulle: Das Dogma gegen den Motor
In dieser versteinerten intellektuellen Landschaft versuchte Oberstleutnant Charles de Gaulle, allein gegen seine Hierarchie, die Mauer des Konformismus zu durchbrechen. Mit der Veröffentlichung von „Vers l’Armée de Métier“ (Auf dem Weg zum Berufsheer) im Jahr 1934 schlug er nicht nur eine technische Reform vor, sondern eine doktrinäre Revolution, basierend auf dem Dreiklang Geschwindigkeit-Kraft-Überraschung. Er kündigte an, dass die Maginot-Linie nicht ausreichen würde und dass der Verbrennungsmotor die Kriegskunst ebenso umgewälzt habe wie seinerzeit das Schießpulver.[06]
Die Reaktion der militärischen Institution war nicht Debatte, sondern Exkommunikation. General Maurin, Kriegsminister und Hüter des Tempels der Defensive, ging de Gaulle öffentlich mit einer Heftigkeit an, die von der Engstirnigkeit der Epoche zeugt: „Adieu, de Gaulle! Wo ich bin, haben Sie keinen Platz mehr!“[07]
Im privaten Kreis ging Maurin noch weiter und drohte dem unverschämten Offizier, der es wagte, die Politiker zu alarmieren: „Er hat einen Federhalter genommen: Pironneau, und einen Phonographen: Paul Reynaud. Ich werde ihn nach Korsika schicken!“[07] Für den Generalstab war die Gefahr nicht Hitler, sondern derjenige, der das Dogma der Unverletzlichkeit der Front in Frage stellte.
3.3 Die letzte Warnung: Das Memorandum vom Januar 1940
Die Blindheit hielt bis vor die Tore des Desasters an. Am 26. Januar 1940, während des „Sitzkrieges“, verfasste de Gaulle, damals Oberst und Kommandeur der Panzer der 5. Armee, eine letzte Warnung: das Memorandum mit dem Titel „Das Aufkommen der mechanischen Kraft“. In diesem prophetischen Text, der an 80 Persönlichkeiten gesandt wurde, beschrieb er vier Monate im Voraus das exakte Szenario der kommenden Niederlage. Er zerstörte darin die Illusion der statischen Sicherheit:

„Die Maginot-Stellung, welche Verstärkungen sie auch erhalten haben mag […], ist dafür anfällig, durchbrochen zu werden. Das ist übrigens auf lange Sicht das Schicksal, das allen Befestigungen vorbehalten ist.“[08]
Er warnte, dass nur eine mechanische Kraft dem deutschen Angriff begegnen könne: „Um die mechanische Kraft zu brechen, besitzt allein die mechanische Kraft eine gewisse Wirksamkeit.“[08]
Die Antwort des Oberkommandos war von krimineller Lässigkeit. General Georges, Stellvertreter Gamelins, versah das Dokument mit jenem Satz, der den Bankrott einer Elite zusammenfasst: „Interessant, aber der Wiederaufbau ist der Kritik nicht gewachsen!“[09]
Vier Monate später überquerten die Panzer die Maas genau so, wie de Gaulle es vorhergesagt hatte, und die französische Armee brach zusammen, ein Opfer davon, die Wahrheit nicht hören gewollt zu haben.
3.4 Der Schwur von Bon-Encontre: Das Licht im Debakel

In diesem Kontext des moralischen und militärischen Zerfalls erhält die Episode des Schwurs von Bon-Encontre ihre volle historische und symbolische Dimension. Sie verkörpert die Verweigerung der Verleugnung in ebenjenem Moment, als der Staat zusammenbrach.
Am 25. Juni 1940, als der Waffenstillstand gerade unterzeichnet worden und Frankreich offiziell besiegt war, zogen sich die Kader der französischen Spezialdienste (SR Heer und Spionageabwehr) unter der Leitung von Oberst Louis Rivet und Hauptmann Paul Paillole nach Bon-Encontre bei Agen zurück.

Im Hof des beschlagnahmten kleinen Seminars vollzogen sie einen Gründungsakt des Ungehorsams.

Im Gegensatz zur Regierung Pétain, die die Niederlage als endgültiges Urteil der Geschichte akzeptierte, wussten diese Männer dank ihrer intimen Kenntnis der Kräfteverhältnisse, daß der Krieg nicht vorbei war. Sie wussten, dass England standhalten würde und dass die Ressourcen der Kolonialreiche und der Vereinigten Staaten schließlich ins Gewicht fallen würden.

Der Schwur von Bon-Encontre bestand in der feierlichen Verpflichtung, den Kampf im Untergrund fortzusetzen. Konkret bedeutete dies:
- Die Alliierten weiterhin mit Informationen versorgen und die Revanche vorbereiten.
- Die Archive des Geheimdienstes niemals an den Feind ausliefern.
- Das Personal und die Agenten vor den Fängen der Gestapo bewahren.
Dieser Schwur blieb kein leeres Wort. Aus ihm gingen bedeutende Untergrundnetzwerke hervor, wie das Netzwerk ‚Travaux Ruraux‘ (TR) der Spionageabwehr. In dieser Tradition stehen auch die ‚Merlinettes‘ – jene jungen, von den Spezialdiensten ausgebildeten Nachrichtenübermittlerinnen (der Spitzname leitet sich von Oberst Merlin ab). Daran erinnerte General François Mermet, Präsident der Vereinigung der Ehemaligen der Spezialdienste (AASSDN), der sich dafür eingesetzt hat, dem Andenken dieser Frauen im Alter von 20 bis 25 Jahren, die über besetztem Gebiet mit dem Fallschirm absprangen, um lebenswichtige Funkverbindungen zu gewährleisten, eine späte, aber echte Ehrung zuteilwerden zu lassen. Viele von ihnen wurden verhaftet, gefoltert und nach Ravensbrück deportiert. Ihr lange vergessenes Opfer wird heute sowohl im Jardin Eugénie-Malika Djendi in Paris als auch in Ravensbrück gewürdigt.


Oberst Paillole pflegte Bossuet zu zitieren, um diese Ethik zusammenzufassen:
‚Der größte Frevel, den man der Wahrheit antun kann, ist, sie zu kennen und sie zugleich preiszugeben oder abzuschwächen.‘ Hätte Frankreich in den 30er Jahren auf seine Nachrichtendienste und Männer wie de Gaulle gehört, anstatt sich Illusionen hinzugeben, hätte es sich ‚vorbereiten‘ und uns die Demütigung von 1940 – eine weitere solche – ersparen können. Der Weg der Ehre beginnt mit dem Mut zur Wahrheit
IV: Die Geschichte stottert – Die russische Bedrohung und die europäische Verleugnung (2024-2025)
4.1 Schweden, die neue Kassandra des Nordens
Achtzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs befindet sich Europa in einer geopolitischen Konstellation, die auf unheimliche Weise an die 30er Jahre erinnert. Eine revisionistische Macht, Russland, stellt die Sicherheitsarchitektur des Kontinents infrage. Und erneut häufen sich die Warnsignale, ausgesandt von Nationen, die aufgrund ihrer Geografie in der ersten Reihe sitzen.
Schweden, das mit zwei Jahrhunderten der Neutralität brach, um der NATO beizutreten, hat die Führung in diesem Dienst an der Wahrheit übernommen. Der Oberbefehlshaber der schwedi-schen Streitkräfte, General Micael Bydén, und der Sicherheitsdienst (Säpo) haben ihre Warnungen im Laufe der Jahre 2024 und 2025 vervielfacht.
Ihre Botschaft ist unmissverständlich: Russland habe ‚beide Augen auf die Insel Gotland gerichtet‘.[11] Diese stra-tegische Insel ist der Schlüsselstein der Ostseeverteidigung; wer sie kontrolliert, kann den maritimen Zugang zu den baltischen Staaten abriegeln und Finn-land bedrohen.
General Micael Bydén – Foto © Frankie Fouganthin

Doch der schwedische Alarmruf geht über die militärische Geografie hinaus. Er dokumentiert einen bereits laufenden hybriden Krieg
- Religiöse Spionage: Die schwedischen Dienste haben enthüllt, dass die russisch-orthodoxe Kirche in Västerås als Plattform für nachrichtendienstliche Aktivitäten genutzt wurde.[12] Der Standort dieser Kirche ist keineswegs zufällig: Sie befindet sich in unmittelbarer Nähe eines strategischen Flughafens, von Wasseraufbereitungsanlagen und Energieversorgungsanlagen. Dies ist ein schlagendes Beispiel für die Nutzung ziviler Deckmäntel zur Vorbereitung von Sabotageakten.
- Die Schattenflotte: Die schwedische Marine überwacht engmaschig eine „Schattenflotte“ russischer Öltanker in der Ostsee, die im Verdacht stehen, als schwimmende Abhörstationen und potenzielle Instrumente für Aktionen gegen Unterwasserinfrastrukturen (Kabel, Gaspipelines) zu dienen.[13]
- Die Kriegswirtschaft: Die gemeinsamen Berichte der baltischen und nordischen Nachrichtendienste unterstreichen, dass Russland seine Wirtschaft auf den Kriegsmodus umgestellt hat. Während der estnische Bericht anfänglich davon ausging, dass dieser „Kriegsboom“ 2025 abflauen würde, legen neuere Analysen (aus Lettland und Schweden) nahe, dass Moskau diese Anstrengung bis 2027 oder gar darüber hinaus aufrechterhalten kann, was Russland ein gefährliches Zeitfenster zwischen 2026 und 2030 eröffnet, um die NATO auf die Probe zu stellen.[14]
General Bydén schockierte seine Mitbürger mit der Erklärung: „Die Schweden müssen sich mental auf den Krieg vorbereiten.“[11] Dies war keine Kriegstreiberei, sondern ein Appell an die zivile Widerstandsfähigkeit, die angesichts eines totalen Krieges unabdingbar ist.
Vor ihm hatten bereits der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, sowie seine britischen, niederländischen und belgischen Amtskollegen gewarnt – und zuletzt auch der Generalstabschef der polnischen Streitkräfte, General Wieslaw Kukula. Dieser erklärte am vergangenen 18. November infolge der Sabotage einer Bahnstrecke, sein Land sei eindeutig in eine „Vorkriegsphase“ eingetreten, wie Le Monde in ihrer jüngsten Ausgabe schreibt.[15]

4.2 Die Warnung von General Mandon: „Akzeptieren, unsere Kinder zu verlieren“
In Frankreich verlieh der Generalstabschef der Streitkräfte (CEMA), General Fabien Mandon, dieser Sorge mit feierlichem Ernst Ausdruck, ganz wie es vor ihm bereits sein Vorgänger, General Thierry Burkhard, getan hatte. Bei seinen Anhörungen vor den Verteidigungsausschüssen der Nationalversammlung und des Senats am 22. Oktober und 5. November hatte er seine Überzeugungen dargelegt – die Überzeugungen des Militärs, die sich mit denen der Geheimdienstchefs in ganz Europa decken.
Am 18. November versuchte er als Gastredner auf dem Kongress der französischen Bürgermeister, die Mauer der Gleichgültigkeit zu durchbrechen: „Russland kann uns keine Angst machen, wenn wir den Willen haben, uns zu verteidigen
Die Wahl des Bürgermeisterkongresses war kein Zufall. General Mandon weiß, daß die Widerstandsfähigkeit einer Nation im Falle eines großen Konflikts auf dem lokalen Gefüge beruht, auf der Fähigkeit der Kommunen, Krisen zu bewältigen. Seine Rede zielte darauf ab, der öffentlichen Meinung einen heilsamen Schock zu versetzen. Er erklärte: „Was uns fehlt, ist die Seelenstärke, zu akzeptieren, Schmerzen auf uns zu nehmen, um das zu schützen, was wir sind… Wir müssen akzeptieren, unsere Kinder zu verlieren.‘[16]
Dieser furchtbare Satz muss in seinem strategischen Kontext verstanden werden. Die nukleare und konventionelle Abschreckung funktioniert nur, wenn der Gegner davon überzeugt ist, daß man bereit ist, bis zum Äußersten zu gehen. Wenn eine Gesellschaft signalisiert, daß sie keinerlei Verluste hinnehmen wird, daß sie ihren unmittelbaren Komfort ihrer künftigen Freiheit vorzieht, wird sie zu einer verlockenden Beute.
General Mandon warnte davor, dass Frankreich über ‚drei bis vier Jahre‘ verfüge, um sich auf einen hochintensiven Konflikt vorzubereiten.[16] Er prophezeite nicht den Krieg, er erklärte den Preis des Friedens: die Glaubwürdigkeit der nationalen Entschlossenheit.
Zudem beklagte er die rasche Verschlechterung der internationalen Lage: „Seit diesem Sommer hat sich die Lage weiter verschlechtert: Was ich sehe, ist, daß sich alles zum Schlechteren wendet.“[16]
V: Der „Chor der Klageweiber“ oder der Verrat der modernen Kleriker
5.1 Anatomie der politischen Feigheit
Angesichts dieser Warnungen, die auf präzisen nachrichtendienstlichen Erkenntnissen und tiefgreifender historischer Analyse beruhen, illustriert die Reaktion eines Teils der französischen politischen Klasse auf tragische Weise das Fortbestehen der Reflexe von 1870 und 1939. Ein „Chor der Klageweiber“, in einer Mischung aus geheuchelter Empörung und Realitätsverweigerung.

Die klare Warnung von General Mandon löste ein beschämendes Spektakel aus.
- Die ideologische Verleugnung (Jean-Luc Mélenchon und LFI): Der Anführer von La France Insoumise reagierte unverzüglich, indem er eine ‚kriegerische Rede‘ anprangerte, ‚über die niemand entschieden‘ habe.[17] Er warf General Mandon vor, seine Rolle verlassen zu haben, sprach von einer ‚Unruhe im Staat‘ und berief sich auf die Rede von Bayeux, um die öffentlichen Äußerungen der Militärs zu kritisieren.[17] Diese Haltung entspringt einer klassischen ideologischen Blindheit: die Weigerung, die äußere Bedrohung (den russischen Imperialismus) zu sehen, um sich auf eine interne Kritik der Institutionen zu konzentrieren. Es ist die Wiederholung des Fehlers der Kommunistischen Partei Frankreichs am Vorabend des Zweiten Weltkriegs.
- Die schuldhafte Gefälligkeit (Rassemblement National): Sébastien Chenu und mehrere Kader des RN stellten die „Legitimität“ des Generalstabschefs in Frage, „die Franzosen zu ängstigen“.[17] Indem der RN die Bedrohung minimiert und den Boten angreift, nimmt er eine Haltung ein, die an die Befürworter des Appeasement der 30er Jahre erinnert.
- Die moralische Entkopplung (Ségolène Royal und eine gewisse Linke): Ségolène Royal kritisierte die Äußerungen des Generals und sprach von einem Risiko „toxischer Männlichkeit“ und einer Beeinträchtigung der Moral der Nation.[17] Fabien Roussel (PCF) beurteilte die Rede als „inakzeptabel“.[17] Diese Reaktionen zeugen von einem Weltbild, in dem Frieden ein garantierter natürlicher Zustand ist. Sie spiegeln ein Weltbild wider, in dem der Frieden ein garantierter Naturzustand und die Rede vom Opfer eine überholte männliche Pathologie sei. Dies heißt jedoch zu vergessen – wie Churchill mahnte –, daß die Verweigerung des Kampfes den Krieg nicht abwendet, sondern ihn nur umso verheerender macht.
- Die Verleugnung ist jedoch nicht das alleinige Privileg der Linken. Auch auf der rechten Seite des Orchesters ist das Schauspiel ebenso pathetisch, die Kakophonie ebenso erbärmlich: Luc Ferry scheint sein eigenes ‚Schwachsinnsbarometer‘ gesprengt zu haben! Als routinierter Solist bei CNews oder LCI hat er sich dem kleinen Klüngel mondäner ‚Putin-Huldiger‘ unter den Ex-Ministern angeschlossen, an der Seite von Philippe de Villiers und Thierry Mariani. Man glaubt, dem Casting für ein tragisches Remake von Dinner für Spinner beizuwohnen, wo Verblendung und Selbstgefälligkeit um die Wette eifern. Indem er in diesen Chor der Klageweiber einstimmt, stellt Ferry auf den Bühnen von CNews und LCI eine sträfliche Unkenntnis der Geschichte zur Schau.
5.2 Das Gewicht der Worte, der Schock der Realität
Angesichts dieser ‚Salon-Purpurgeborenen‘ erhebt sich die Gestalt von Jean-Marie Bockel als ein lebendiger Vorwurf. Er spielt nicht Krieg: Er hat für unsere Freiheit einen Sohn in Mali verloren. Der Kontrast ist umso schneidender zwischen der beschämenden Leichtfertigkeit der einen, die in den Fernsehstudios lediglich ihren Ruf riskieren, und der tragischen Ehre eines Vaters, der weiß, dass der Preis unserer Sicherheit keine Metapher ist, sondern eine blutige Realität.
5.3 Der „Buzz“ gegen das Überleben
Das zeitgenössische Drama liegt im Vorrang der medialen Emotion vor der strategischen Reflexion. Die Wahrheit zu sagen — dass Freiheit einen Preis hat, manchmal einen blutigen — ist in einer Gesellschaft des Augenblicks unhörbar geworden. Die politischen Verantwortlichen, die angesichts der Worte von General Mandon Skandal schreien, schützen die Bevölkerung nicht; sie entwaffnen sie moralisch. Sie kultivieren eine psychologische Verwundbarkeit, die russische Nachrichtendienste, Experten der hybriden Kriegsführung, perfekt auszunutzen wissen.
Diese Weigerung, die Wahrheit zu hören, ist, nach den Worten von General Mermet, eine Form des Verrats. Verrat an der Geschichte und Verrat an den zukünftigen Generationen. Wie 1939 zieht man es vor, „Billancourt nicht zur Verzweiflung zu bringen“ (oder heute den Wähler-Konsumenten), selbst wenn das bedeutet, das Land unbewaffnet dem kommenden Schock auszuliefern.
Fazit: Die Wahrheit als einziger Weg der Ehre
Die Geschichte ist ein unerbittlicher Richter, der nicht die Absichten, sondern die Ergebnisse festhält. Die Flugbahn, die von Auerstedt nach Sedan führt, von der Belle Époque in die Schützengräben von 1914 und von der Blindheit Münchens zum Debakel von 1940, demonstriert ein ehernes Gesetz: Die Verleugnung der Realität wird immer mit Blut bezahlt.
An jedem kritischen Scheideweg hatten Männer den Mut, die Wahrheit zu sagen. Oberst Stoffel rief in der Wüste gegen die preußische Macht. Oberst Pellé beschrieb präzise die Mechanik der Invasion von 1914. Oberst de Gaulle beschrieb, die Karte in der Hand, die deutsche mechanische Invasion und prallte gegen die Verachtung seiner Vorgesetzten. Und in Bon-Encontre bewiesen Oberst Rivet, Hauptmann Paillole und General Mermet, daß die Ehre darin bestand, der Niederlage ins Gesicht zu sehen, um sie besser zu überwinden.
Heute übernehmen die Generäle Bydén und Mandon, unterstützt von den europäischen Nachrichtendiensten, diese undankbare Fackel. Sie sagen uns, dass der geopolitische Winter naht, dass Russland sich auf eine lange Konfrontation vorbereitet und dass unsere Gesellschaften moralisch aufrüsten müssen. Der „Chor der Klageweiber“, der versucht, ihre Stimme durch sterile Polemiken zu übertönen, trägt eine schwere Verantwortung vor der Geschichte.
Anhänge: Vergleichsdaten zu strategischen Warnmeldungen
| Warnbereich | Inhalt des Berichts Stoffel (1866-1870) | Französische Reaktion / Konsequenz |
| Mobilisierungskapazität | Preußen kann dank seiner territorialen Organisation und Eisenbahnen schnell mobilisieren. Es kann 600.000 ausgebildete Männer ins Feld führen. | Unglaube. Marschall Le Bœuf behauptet: „Wir sind bereit, es fehlt nicht ein Gamaschenknopf.“ |
| Artillerie | Erdrückende Überlegenheit der preußischen Kanonen (Stahl, Hinterlader) gegenüber den französischen Bronze-Geschützen. | Verachtung für die preußische Technologie („Stahl bricht“). |
| Geisteshaltung | Preußen ist eine Nation, geeint durch den Wunsch nach Krieg und den Hass auf Frankreich. Es „beabsichtigt schlichtweg, in unser Territorium einzufallen“. | Stoffel wird als „Unglücksrabe“ und „Preußenfreund“ bezeichnet. Man glaubt lieber an den Frieden. |
| Führung | Der preußische Generalstab ist eine intellektuelle Elite, ausgebildet für den Bewegungskrieg. | Blindes Vertrauen in das „französische Genie“ und die Improvisation (das „System D“). |
Anhänge: Tabelle der Bedrohungsindikatoren (2025)
| Indikator | Details der Warnung (Schwedische und französische Quellen) |
| Hybride Kriegsführung | Nutzung der Kirche von Västerås (Schweden) zur Spionage nahe kritischer Infrastrukturen. „Schattenflotte“ in der Ostsee. |
| Kriegswirtschaft | Russland hält seine Kriegsanstrengungen (militärischer Wirtschaftsboom) mindestens bis 2027 aufrecht, entgegen Hoffnungen auf einen schnellen Zusammenbruch. |
| Geographisches Ziel | Die Insel Gotland (Schweden) als Schlüsselstein der Ostsee identifiziert. Bedrohung der baltischen Staaten. |
| Zivile Vorbereitung | Notwendigkeit lokaler Resilienz (Bürgermeisterkongress in Frankreich, Broschüren zur Vorbereitung in Schweden). |
Wenn wir verhindern wollen, dass 2027 unser neues 1940 wird, ist es zwingend notwendig, auf diese Warnungen zu hören. Wir müssen die Wahrheit akzeptieren, auch wenn sie missfällt. Denn wie General Mermet nach Oberst Paillole sagte, indem er Bossuet zitierte: Die Aufgabe der Wahrheit ist das Vorspiel zu jeder Knechtschaft. Nur Klarheit, so schmerzhaft sie auch sein mag, kann uns das Urteil von Eisen und Feuer ersparen.
Echo aus dem Grab
Abschließend wirkt es beklemmend, den Brief wiederzulesen, den Maxime Du Camp am 19. September 1870 an Gustave Flaubert richtete.[18] Während Frankreich vor Preußen zusammenbrach, stellte er eine Diagnose von brennender Aktualität über eine Nation, die trunken war von ihren eigenen Illusionen, schneller bereit zu reden als zu kämpfen. Nicht nur die militärische Kraft hatte versagt, sondern das moralische Gerüst. Mit prophetischer Bitterkeit schrieb er: ‚Wir sterben an unserer Sittenlosigkeit, an unserer Unwissenheit, an unserer Eitelkeit und an unserer schrecklichen Manie der Phrase.‘ Die Parallele zu unserer Zeit ist erschreckend. Wie jene Vorfahren, die sich weigerten, die Gefahr zu sehen, geben wir uns angesichts der russischen Bedrohung mit Rhetorik zufrieden und vergessen jene leichenblasse Lektion, die Du Camp bereits auf den Ruinen des Kaiserreiches herausschrie: ‚Wir haben geglaubt, daß das Wort die Sache ersetze.‘
Möge dieses Echo aus dem Grab uns wecken, bevor die Geschichte einmal zu oft stammelt
Joël-François Dumont
Sources et légendes
[01] Theatrum Belli, 14. Oktober 1806: Schlacht bei Auerstedt.
[02] European Security, « „Von jahrhundertelanger Feindschaft zu einem grundlegenden Bündnis” » (2025-0926).
[03] Gallica BnF, Militärberichte aus Berlin 1866-1870 von Oberst Baron Stoffel.
[04] Cairn.info, Eine ignorierte Warnung: Oberst Pellé und der Schlieffen-Plan.
[05] Sénat.fr, Debattenprotokolle – Erwähnung des Pellenc-Berichts.
[06] Histoire en citations, Porträt von Charles de Gaulle in Zitaten.
[07] Interforum, Erinnerungen und Dokumente zur Zeit von 1934 bis 1940 (Zitat von General Maurin).
[08] Enseigner de Gaulle, Memorandum von Oberst de Gaulle vom 26. Januar 1940.
[09] Cairn.info, Präsidenten und der Krieg (Anmerkung Georges).
[10] European-Security : « „Bon-Encontre: Der Weg der Ehre und des Widerstands (2021-1011) & AASSDN.
[11] Telegrafi, Der Kommandeur der schwedischen Armee: Putin will die Ostsee kontrollieren: :
[12] The Moscow Times, Schweden streicht Unterstützung für russische Kirche nach Warnungen des Geheimdienstes.
[13] European Parliament, Russlands Schattenflotte: Größe, Auswirkungen und damit verbundene Risiken.
[14] PISM, Baltische und nordische Staaten bewerten die militärische Bedrohung durch Russland.
[15] Élise Vincent in Le Monde vom 23. und 24. November, S. 5: „Die Äußerungen von General Mandon, eine in Europa geteilte Position: Mit seiner Erklärung, man müsse im Falle eines Konflikts mit Russland „den Verlust seiner Kinder akzeptieren”, schließt sich der Militär seinen Kollegen an”.
[16] Watson.ch, Die „kriegerische” Rede des französischen Generalstabschefs kommt schlecht an.
[17] Le Journal du Dimanche, « „Mélenchon empört sich über die Äußerungen des Generalstabschefs der Streitkräfte” »
Siehe auch:
- « The Tyranny of Denial and the Courage of Truth » — (2025-1124)
- « Die Tyrannei der Verleugnung und der Mut zur Wahrheit » — (2025-1124)
- « La tyrannie du déni et le courage de la vérité » — (2025-1124
Hintergrundanalyse:
Die Geschichte ist ein Blutrichter: Von Sedan bis 1940 verurteilt sie ohne Berufung jene Nationen, die ihre Warner verachten. Die Toten von 1940 blicken auf uns herab: Die Bedrohung zu missachten, heißt, sich für das Desaster zu entscheiden. Doch angesichts Russlands schläft Europa noch immer. Der Generalstabschef wird seiner Verantwortung gerecht, wenn er die ungeschminkte Wahrheit ausspricht: Abschreckung erfordert die Bereitschaft, ‚unsere Kinder zu verlieren‘.
Und auf der Gegenseite? Eine Kaste mittelmäßiger Politiker zieht es vor, Skandal zu schreien. Als objektive Verbündete der russischen Propaganda verkaufen uns diese Illusionshändler Bequemlichkeit, wo wir Schwerter schmieden müssten. Ein Konzert der Klageweiber, eine schäbige Allianz aus zweitklassigen Politikern auf der Jagd nach Schlagzeilen und pro-russischen Multiplikatoren, die aus Feigheit die Nation moralisch entwaffnen. Dieser Fassaden-Pazifismus ist kriminell. Den kommenden Krieg nicht sehen zu wollen, bedeutet, unser eigenes Todesurteil zu unterschreiben. Die Wahl ist einfach: Klarheit oder Blut. Indem wir uns vorbereiten, können wir ihn vielleicht verhindern.
Dieser moralische Verrat hat einen Preis, und er steht bereits fest. Es gibt keinen Raum mehr für Lügen: Entweder wir sehen der Realität ins Auge, oder wir bezahlen unsere Verblendung mit dem Leben.“